Sprüche
und Gedichte
Sorge
nicht um das, was kommen wird.
Weine nicht um das, was geht.
Aber sorge, dich nicht selbst zu verlieren.
Und weine, wenn du dahin treibst im Strom der Zeit,
ohne Himmel in dir zu tragen.
F.
Schleiermacher
Es
gibt eine Vitalität, eine Lebenskraft, eine Energie, eine
Anregung,
die durch dich in Handlungen umgesetzt wird.
Und da es dich über alle Zeit hinweg nur einmal gibt, ist
dieser Ausdruck einzigartig.
Wenn du ihn blockierst wird er niemals existieren durch ein anderes
Medium,
und wird verloren sein. Die Welt wird ihn nicht haben.
Es ist nicht deine Aufgabe zu entscheiden, wie gut er ist oder
wie wertvoll
noch wie er im Vergleich ist mit anderen Ausdrücken.
Es ist deine Aufgabe, ihn als deinen zu halten, klar und direkt,
und den Kanal offen zu halten.
Martha
Graham
Wie
an dem Tag
der Dich der Welt verliehen
die Sonne stand zum Gruße der Planeten
bist also bald Du fort und fort gediehen
nach dem Gesetz
wonach du angetreten.
So
musst du sein!
Du
kannst dir nicht entfliehn!
So sagten schon Sybillen und Propheten.
Und
keine Zeit
Und keine Macht zerstückelt
geprägte Form
die lebend sich entwickelt.
(Goethe)
Der
weise Rabbi
Ein
jüdischer Geistlicher, reich an Jahren und Ehren, namens
Rabbi Zussaya lag einst im Sterben.
Seine Schüler hatten sich um sein Lager versammelt und fragten
ihn, ob er Angst vor dem Sterben hatte.
Ja sagte er, ich habe Angst, vor meinen Schöpfer zu treten.
Aber wie kann das sein? antworteten die Schüler. Du hast
solch ein beispielhaftes Leben geführt.
Du hast uns wie Moses aus der Wildnis geleitet. Du hast Urteile
gesprochen wie der weise Salomon.
Sanft antwortete der Rabbi. In der anderen Welt, wenn ich meinen
Schöpfer treffe,
wird ER/SIE mich nicht fragen, ob ich wie Moses oder Salomon war.
Vielmehr wird er mich fragen: warst du du selbst? Warst
du Zussaya?
(traditionelle
jüdische Geschichte - die weibliche Seite Gottes mit einbeziehend)
Jeder
Mensch ist dazu bestimmt, zu leuchten!
Unsere tief greifendste Angst ist nicht, dass wir ungenügend
sind,
unsere tief greifendste Angst ist,
über das Messbare hinaus kraftvoll zu sein.
Es ist unser Licht, nicht unsere Dunkelheit,
die uns am meisten Angst macht.
Wir fragen uns, wer bin ich, mich brillant, großartig, talentiert,
phantastisch zu nennen?
Aber wer bist Du, Dich nicht so zu nennen?
Du bist ein Kind Gottes.
Dich selbst klein zu halten, dient nicht der Welt.
Es ist nichts Erleuchtetes daran, sich so klein zu machen,
dass andere um Dich herum sich nicht unsicher fühlen.
Wir sind alle bestimmt, zu leuchten, wie es die Kinder tun.
Wir sind geboren worden, um den Glanz Gottes, der in uns ist,
zu manifestieren.
Sie/Er ist nicht nur in einigen von uns, er/sie ist in jedem einzelnen.
Und wenn wir unser Licht erscheinen lassen,
geben wir anderen Menschen die Erlaubnis, dasselbe zu tun.
Wenn wir von unserer eigenen Angst befreit sind,
befreit unsere Gegenwart automatisch andere.
(dieser Text wird Nelson Mandela (ehem. Staatspräsident Südafrika),
Marianne Williamson und anderen zugeschrieben)
Tempel
der tausend Spiegel
Einst
gab es in einem fernen Land den Tempel der tausend Spiegel. Er
lag hoch oben auf einem Berg und sein Anblick war gewaltig. Eines
Tages lief ein Hund die Treppen zu diesem Tempel hoch. Er ging
durch das große Portal und sah mit einem Mal tausend Hund,
die ihn anblickten. Er bekam Angst und sträubte das Nackenfell,
fletschte die Zähne und knurrte und tausend Hunde knurrten
zurück und fletschten die Zähne. Voller Panik rannte
der Hund aus dem Tempel und glaubte von nun an, dass die ganze
Welt aus knurrenden, gefährlichen und bedrohlichen Hunden
bestehe. Kurz darauf kam ein anderer Hund durch das große
Portal des Tempels der tausend Spiegel. Als er in den Saal kam,
sah er auch tausend andere Hunde. Er aber staunte und freute sich.
Er wedelte mit dem Schwanz, sprang fröhlich hin und her und
forderte die Hunde zum Spielen auf. Dieser Hund verließ
den Tempel mit der Überzeugung, dass die ganze Welt aus netten,
freundlichen Hunden bestehe, die ihm wohl gesonnen sind.
Ich
lebe mein Leben in wachsenden Ringen,
die sich über die Dinge ziehn.
Ich werde den letzten vielleicht nicht vollbringen,
aber versuchen will ich ihn.
Ich
kreise um Gott, den uralten Turm
und ich kreise jahrtausendelang;
und ich weiß noch nicht: bin ich ein Falke, ein Sturm
oder ein großer Gesang.
(Rilke,
1899)
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